(erschienen auf welt-online am 19.3.2008)
Während in vielen Ländern aufgrund der chinesischen Tibetpolitik über ein Boykott der Olympischen Spiele in Peking diskutiert wird, setzt der Dalai Lama durch seinen Rücktritt ein eindrucksvolles Zeichen. Die Gründe für seine Amtsniederlegung verwirren jedoch viele Sympathisanten. Der Dalai Lama behauptet: Tibet ist eine Illusion.
Gestern Abend um 22.00 Uhr verkündete das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus offiziell seinen Rücktritt als politisches Oberhaupt Tibets. Mit dieser Maßnahme hatte er bereits Tage zuvor gedroht, sollte sich sein Volk durch die chinesische Fremdherrschaft zu Gewalttaten hinreißen lassen. Nachdem nun gestern in Lhasa mehrere Tibeter einen Han-Chinesen als „Glattgesicht“ und „Sohn einer hellgelben Bergziege“ beschimpft und anschließend mit Yak-Dung beworfen hatten, fühlte sich der 72-jährige Friedensnobelpreisträger an sein Wort gebunden und zog Konsequenzen. Bei einer Pressekonferenz im indischen Dharamsala erläuterte er die esoterischen Hintergründe seiner Entscheidung.
„Nur im zwiegeteilten Denken existieren Chinesen und Tibeter als unterschiedliche Völker“, gab der Dalai Lama vor der versammelten Presse bekannt. „Wahrhaftig aber sind alle ethnischen Konstrukte und nationalen Gebilde nur Shunyata – leer von innewohnendem Sein.“ Ein aufkommendes Raunen der Journalistinnen und Journalisten unterbrach der Exil-Tibeter kichernd: „Auch ich bin eine Illusion. Dieser ganze Tulku-Ulk ist Maya-Mummenschanz. Ich heiße Tenzin Gyatso und wäre gerne Frisör.“
Auf die Frage, ob er sich nicht seinem Volk verpflichtet fühle, antwortete der Dalai Lama:
„Diese nationalistischen Butterteetrinker sind durch Jahrhunderte religiöser Feudalherrschaft völlig verblödet. Mit denen ist eh kein Staat zu machen. Obendrein ist das Land unheilbar gespalten: Karma-Kagyü gegen Gelugpa – da könnte ich Ihnen Geschichten erzählen – , Tibeter gegen Chinesen, Alkoholiker gegen Minderheiten. Und geographisch habe ich noch nie durchgeblickt: Ist West-Tibet nicht Nord-Indien und Nord-Nepal Süd-Tibet und das „Autonome Gebiet Tibet“ nicht eigentlich Teil des britischen Empires?“
Weitere Fragen beantwortete Tenzin Gyatso nicht, sondern verließ unter dem Ausruf, ihm werde das alles hier zu dual, nach nur wenigen Minuten die Konferenz. Ein ranghoher Berater erklärte jedoch sein Herr und Meister und erleuchteter Führer würde trotz des Rücktritts natürlich immer die Inkarnation des Dalai Lama bleiben, auch wenn der Titel durch Betrug und Erpressung erworben worden wäre, wie es im tibetischen Buddhismus nicht erst seit dem 17. Karmapa Urgyen Trinle ehrwürdiger Brauch sei.
Der Rücktritt des Dalai Lama zeigt Wirkung in aller Welt: Papst Benedikt der 16. drohte heute morgen in einer hastig diktierten Enzyklika ebenfalls mit seinem Rücktritt, wenn man ihm in Polen nicht endlich die gleiche Verehrung zuteil werden ließe wie seinem Vorgänger oder zumindest die Reformation für ungültig erkläre. Der türkische Ministerpräsident Erdogan lobte den Dalai Lama in einer kleinen Dampfbad-Rede: „Der weise Mann hat begriffen, dass die Tibeter von Heinrich Harrer erfunden wurden, so wie die Kurden der kruden Phantasie eines Karl May entsprungen sind.“
Während Hollywood bereits eine aufwendige Verfilmung plant (Arbeitstitel „Ein Lama tritt zurück“ mit Richard Gere in der Rolle des widerspenstigen Paarhufers), wagt sich der deutsche Dramaturg Schlingensief an ein Kommunismus-Kritisches Musical mit minderjährigen, aidskranken WanderarbeiterInnen („Drei Chinesen mit nur einem Kontrabass“).
In Deutschland verschärft sich durch den Rücktritt des Dalai Lama vor allem die Forderung nach Boykott-Maßnahmen gegen China: „Ich esse nie wieder Hund“, gibt Ministerpräsident Roland Koch entschlossen zu Protokoll. Bundespräsident Horst Köhler geht noch einen Schritt weiter und droht China damit, während der Olympiade den Fernseher ausgeschaltet zu lassen und mal wieder was mit seiner Frau zu unternehmen. Die Tibet Initiative Deutschland e.V. fordert sogar einen Boykott sämtlicher chinesischer Produkte und legt ein ursprüngliches Leben in Wäldern und Höhlen ohne technischen Schnickschnack nahe.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hält seine Entscheidung für Peking als Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2008 jedoch nach wie vor für richtig. Vizepräsident Thomas Bach: „China ist lieb solange es von niemand geärgert wird und die UNO weiterhin tut, was sie am besten kann: nichts. Für die Winterspiele 2014 haben wir mit Russland übrigens wieder eine vorbildliche, dem olympischen Geist verpflichtete Demokratie als Gastgeber-Land gewählt und für 2016 sind zur Zeit die Wachstumsregionen Nordkorea und der Sudan im Gespräch.“
Kritisch sieht das der Zusammenschluss „Reporter ohne Grenzen“. Ein anonymer Sprecher beklagt, dass China Journalisten die Arbeit erschwere, indem es derzeit das chinesische Internet inklusive youtube, studiVZ und Moorhuhn 2 abschaffe. Außerdem müsse sich jeder nach China einreisende Pressevertreter 18 Stunden lang eine CD-Aufnahme (Raubkopie) der Liedzeile „Die Partei, die Partei, die hat immer recht“ anhören.
Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao streitet diese Anschuldigungen nicht ab: „Wil sind eine gutgelaunte Diktatul, was glauben Sie denn?“ mailte er heute früh über sein privates WEN-LAN in einer billig produzierten Massenmail unter anderem an den Deutschen Olympischen Sport-Bund (DOSB). „Und nun moseln und nölgeln und stänkeln Sie nicht und kommen Sie bitte nach Peking. Big business mit supel Plofit fül alle! Helzlichst, Ihl Wen.”